Analysen / Gewerkschaftliches Interesse höher gestellt als Parteiinteressen

*  Deutschland gehört zu einem der wenigen Länder, in denen der Sozialdialog als zufriedenstellend gilt

*  in Deutschland spielen die Gewerkschaften auch im politischen Leben eine sehr wichtige Rolle, die meisten Abgeordneten sind Gewerkschafter

*  das Modell der sozialen Marktwirtschaft schützt Gewerkschafts-  und Arbeitnehmerrechte auf adäquate Weise

Gewerkschaftliches Interesse höher gestellt als Parteiinteressen

Analysen / Gewerkschaftliches Interesse höher gestellt als Parteiinteressen

*  Deutschland gehört zu einem der wenigen Länder, in denen der Sozialdialog als zufriedenstellend gilt

*  in Deutschland spielen die Gewerkschaften auch im politischen Leben eine sehr wichtige Rolle, die meisten Abgeordneten sind Gewerkschafter

*  das Modell der sozialen Marktwirtschaft schützt Gewerkschafts-  und Arbeitnehmerrechte auf adäquate Weise

autor teksta
Gojko Vlaović | Demostat | Beograd 3. Jun 2017 | Analysen

- Die Position von und der Umgang mit Gewerkschaften in Deutschland zählen zweifellos zu den allerbesten in Europa, und dieses Land sollte definitiv zu einem Modellbeispiel für eine richtige und korrekte Vorgehensweise in Zusammenhang mit Arbeitnehmerrechten erklärt werden, erklärt Željko Veselinović, Vorsitzender der Vereinigten Gewerkschaften Serbiens „Sloga“ gegenüber Demostat.

Seinen Worten zufolge ist Deutschland, neben den skandinavischen Ländern, den Beneluxstaaten und den Vereinigten Staaten von Amerika, das einzige Land weltweit, von dem man sagen könnte, dass der Sozialdialog dort zufriedenstellend ist. In Deutschland sind Arbeitgeber und Gewerkschaften dazu verpflichtet, Tarifverträge auszuhandeln und zu unterschreiben und den Arbeitnehmern ist ebenfalls zu ermöglichen, sich gewerkschaftlich zu organisieren.

Spezifisch ist, dass diese Regeln und Kodizes über einen korrekten Umgang nicht nur in dem besagten Land gelten, sondern auch in anderen Ländern, in denen deutsche Unternehmen ihre Investitionen tätigen. Deutsche Auftraggeber verlangen sogar in derartigen Fällen von ihren Kooperationspartnern, Tarifverträge mit ihrer Belegschaft abzuschließen, und den Arbeitnehmern zu ermöglichen, sich gewerkschaftlich zu organisieren. Auf diese Weise ist die Möglichkeit gegeben, die Arbeitnehmerrechte einer Großzahl von Arbeitnehmern zu schützen - erklärt Veselinović.

Er fügt noch hinzu, dass Gewerkschaften in Deutschland eine sehr wichtige Rolle im politischen Leben spielten. – Ungeachtet, ob es sich um linksorientierte, zentral ausgerichtete oder rechtsorientierte Parteien handelt, sie alle hätten unter den Abgeordneten im Deutschen Parlament in ihren Reihen auch Gewerkschaftsmitglieder. Nicht alle Gewerkschafter-Abgeordneten sind zugleich auch Amtsträger in Gewerkschaften, doch sie besitzen alle Mitgliedskarten von Gewerkschaften. Ferner haben nicht alle parlamentarischen Parteien eine proportionale Anzahl von Gewerkschaftern in ihren Reihen, doch prägend für die deutsche Politik ist dennoch, dass jede Partei sie hat. In diesem Sinne kommen beispielsweise im Deutschen Parlament von 650 Abgeordneten, sogar 450 aus Gewerkschafen. Auf der anderen Seite haben wir in Serbien leider keinen einzigen Gewerkschaftsvertreter im Parlament. Wenn man sich das vor Augen hält, dann scheint es vollkommen klar, dass Serbien in dieser Hinsicht dem positiven Beispiel Deutschlands folgen sollte, meint Veselinović. Unser Gesprächspartner weist auch darauf hin, dass ein weiteres Merkmal Deutschlands darin liege, dass in diesem Land die wenigsten Gesetze verabschiedet werden, die als Anti-Arbeiter-Gesetze eingestuft werden könnten. – Der Grund, warum das in Deutschland und Österreich der Fall ist, ist der, dass Gewerkschafter-Abgeordnete das Gewerkschaftsinteresse dem Parteiinteresse vorziehen. Und dies ist der Fall, egal welcher politischen Option sie angehören. Wenn es um Gesetze geht, die wesentlich für die Existenz von Arbeitnehmern sind, dann stimmen sie nach ihrem gewerkschaftlichen Gewissen ab, und nicht entlang der Parteilinie – meint Veselinović.

Der Spitzenmann der Vereinigten Gewerkschaften Serbiens „Sloga“ erklärt Demostat gegenüber, die Betriebsräte, die es in Deutschland gebe, seien eine sehr gute Sache für die Arbeiter in dem Land, nicht aber auch für Serbien. – In derartigen Betriebsräten entscheiden deutsche Arbeitnehmer, oder besser gesagt deren gewählte Vertreter, zusammen mit dem Arbeitgeber über viele wichtige Fragen für die Firma. Gewerkschaften in Deutschland sind sehr mächtig, und die Arbeitnehmer haben ein weit entwickeltes Bewusstsein darüber, was in deren Klassen-Interesse liegt, und in den Reihen von Betriebsräten befinden sich ausschließlich Leute, die mit einer Empfehlung oder mit der Zustimmung einer Gewerkschaft auf diese Position gekommen sind. Leider liegt gegenwärtig das Klassenbewusstsein bei den Arbeitnehmern in Serbien auf einem sehr tiefen Stand. Dies gibt Arbeitgebern die Möglichkeit, ihnen gegenüber loyale oder bestechliche Personen in die Betriebsräte zu setzen, die nicht die Interessen der Arbeitnehmer und der Gewerkschaften vertreten, sondern pure Marionetten der Geschäftsführung sind. In Serbien gibt es die Einrichtung des Betriebsrates laut Gesetzgebung, und in einigen Unternehmen wurden sogar einige davon eingerichtet, doch die Praxis zeigt, dass diese nicht die Interessen der Arbeitnehmer schützen, sondern ein „verlängerter Arm“ des Arbeitgebers sind. Das ist natürlich nicht gut, und auf diese Weise wird die Quintessenz der Existenz solcher Gremien verändert. Wir können also folgern, dass die Betriebsräte eine sehr gute Lösung für eine gut organisierte Arbeiterklasse und für die Gewerkschaften in Deutschland sind, während sie in Serbien Missbrauch und Machenschaften zu Gunsten der Arbeitgeber möglich machen - meint Veselinović.

 

 

Übrigens ist die Fachöffentlichkeit in Serbien der Ansicht, dass durch das in Deutschland angewandte Modell der sozialen Marktwirtschaft gewährleistet wird, die Position von Arbeitnehmern in dem besagten Land wesentlich besser zu schützen, als in anderen entwickelten Ländern. Gewerkschaften spielen eine sehr wichtige Rolle, sowohl im Leben des Unternehmens, als auch beim Schutz von Arbeitnehmerrechten. Die Arbeitgeber sind gesetzlich dazu verpflichtet, Tarifverträge mit Gewerkschaften abzuschließen, mit welchen die Bereiche der Rechte und Pflichten von Arbeitnehmern geregelt werden. Dadurch wird den Gewerkschaften eine große Macht verliehen, weil der Arbeitgeber daran gehindert ist, einen Arbeitnehmer zu entlassen, ohne dass zuvor die Gewerkschaft ihre Zustimmung dazu erteilt hat. In diesem Sinne kann er auch keinen Arbeitnehmer schikanieren oder unterdrücken. Mit den Tarifverträgen werden die Höhe der Löhne, der Wert von Überstunden, die Lohnfortzahlung oder Vergütungen für Verpflegung von Arbeitnehmern in Laufe der Arbeitszeit strikt festgelegt, dazu kommen aber auch viele andere Fragen, die für den Standard der Beschäftigten wichtig sind. Zu den Privilegien, die Arbeitnehmer in Deutschland haben, gehört auch, dass sie über ihre gewählten Vertreter in den Betriebsräten so gut wie über alle wichtigen Fragen in Zusammenhang mit dem Unternehmensbetrieb mitentscheiden können (beispielsweise, Geschäftssanierung, Anzahl von Arbeitnehmern, die das Unternehmen verlassen sollen…). Davon ausgenommen bleibt die Investitionspolitik, die ein exklusives Recht des Kapitaleigners bleibt. In Deutschland hat ein Gewerkschaftsleiter ein sehr hohes Gehalt, etwa im Rang der Gehälter, die im Management üblich sind. Der Grund dafür ist, dass dieser dadurch unabhängig und unbestechlich sein kann und sich somit auf entsprechende und passende Art und Weise für die Interessen der Arbeitnehmer einsetzen kann. Gewerkschafter und Arbeitgeber sind in Deutschland diejenigen, die sich im Rahmen eines Sozialdialogs über alle Bereiche des Schutzes von Arbeitnehmerrechten und -Pflichten absprechen sollen. Falls es nicht dazu kommt, organisieren Gewerkschaften Streiks, die massenhaft und wirkungsvoll sind.

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